warum Ziele beschreiben?
Schon wieder ist von Zielen die Rede, keiner kann es mehr hören, Vorgesetzte wollen Ziele mit uns vereinbaren (oder oktroyieren sie kurzerhand), in Coachinggesprächen wird nach dem Ziel gesucht, in Seminaren und Workshops danach gefragt …
Was also steckt dahinter? Warum sollen wir bei jeder Gelegenheit Ziele beschreiben, definieren, erreichen, vereinbaren? Wo liegt der Sinn dahinter? Was, wenn wir das nicht täten?
Nun – einfach gesagt: Wer nicht weiß „wohin es geht“ kann auch kein Ticket kaufen, wird sich möglicherweise für das falsche Schuhwerk entscheiden, weiß nicht was alles in den Rucksack gepackt werden muss und wird vielleicht auch den/die falschen Reisepartner wählen. Soviel scheint klar zu sein. Aber damit ist noch nicht alles gesagt.
Ziele sollten klar beschrieben sein, um unser Tun und Handeln danach ausrichten zu können (wir kennen die verschiedenen smarten Regeln dafür) – sie sollen aber vor allem erreichbar sein.
Damit Ziele auch erreicht werden können, ist es sinnvoll, sie in möglichst kleine Portionen zu zerlegen.
Dadurch wird nicht nur der schnelle Erfolg möglich – kleine Ziele verhindern vor allem den psychischen Druck und die Angst etwas (zu groß erscheinendes) nicht erreichen zu können. Zu große Ziele flößen viel zu viel Respekt ein, der erste kleine Schritt wird oft nur deshalb nicht gewagt, weil man Angst hat am Gesamtprojekt zu scheitern.
Wer seine Vision in kleine Einzelziele herunterbricht hat bereits gewonnen. Die Auseinandersetzung mit den einzelnen kleinen Schritten, macht die Vision real vorstellbar, greifbar und dadurch möglich.
Die russische Gestalt-Psychologin Bluma Zeigarnik hat bereits in den 1920er Jahren nachgewiesen, dass Unerledigtes stärker im Bewußtsein verankert ist als Erledigtes (Zeigarnik- oder neuerdings auch Cliffhanger-Effekt). Demzufolge verursacht der Beginn jeder Handlung eine innere Unruhe, die erst durch deren aktive Beendigung wieder erlöscht, der Geist atmet auf.
Daraus läßt sich ableiten, dass die Erledigung, das aktive Abschließen einer Handlung, das berühmte „Hakerl“ neben der Aufgabe – einen „Aufräumeffekt“ bewirkt. Die mentale Festplatte wird neu organisiert, aktuell nicht mehr Benötigtes wird gelöscht oder an einem sicheren Ort archiviert.
Das daraus entstehende gute Gefühl kennen wir alle – oft wirkt es wie eine kleine Erlösung eine Aufgabe erledigt zu haben, der Kopf wird frei, Konzentration auf das aktuell Wesentliche wieder möglich.
Zurück aber zu den Zielen – Wer keine Ziele hat, und seien sie noch so klein, der kann auch keine „Häkchen“ setzen. Angelegenheiten bleiben offen, unerledigt, nur weil der Wunschzustand nicht klar beschrieben ist, weil nicht deutlich formuliert wurde, was wir erreichen wollen – die Erfolgserlebnisse bleiben aus. Alles was wir als „offen“ empfinden beschäftigt (und belastet) uns weiterhin. Das verursacht Stress.
Ziele ordnen unser Bewußtsein. Je kleiner sie sind desto bewältigbarer werden sie, und je mehr wir davon erreichen, desto öfter wird aufgeräumt, desto öfter befreien wir uns von belastenden und Unsicherheit stiftenden Elementen unseres Bewußtseins.
Ziele sind notwendig, alleine um des Erreichens willen. Wenn auch (objektiv) alles bereits erledigt ist, ein bestimmter Zustand hergestellt wurde – solange das berühmte „Hakerl“ nicht gemacht ist bleibt die Angelegenheit offen und damit im Vordergrund.
Es ist die Unklarheit über die Zielerreichung, die Druck macht.
Diese Unklarheit darüber, ob wir mit etwas abschließen können, ob etwas zur Zufriedenheit erledigt wurde, führt in letzter Konsequenz geradewegs zum Burnout.